Viele Anfragen erreichten uns zur Problematik um Taiwan. Genau wie der unselige Krieg in der Ukraine ist dies ein Thema, dass sehr vielen Menschen Sorge bereitet. Auch Human Investor ist dieser Sache nachgegangen, und der Think Thank unserer Muttergesellschaft Human Invest hat uns hierzu eine umfangreiche Analyse des Sachverhalts vorgelegt. Um die Taiwan Frage etwas umfassender beurteilen zu können, muss man lt. den Human Invest Analysten vor allem auch in die Vergangenheit blicken. Der rechtliche Status von Taiwan ist nämlich geschichtlich betrachtet keinesfalls so klar definiert, wie es uns die Volksrepublik China, sowie auch das neuzeitliche „Staatsgebilde“ Taiwan darlegen möchten.
Taiwan – das etwas andere China
Das die Insel Formosa (das heutige Taiwan) viele Jahre von Japan beherrscht (annektiert) wurde, ist nur ein Teilaspekt des Ganzen. Ebenso deren Abtretung durch Japan, einem der Kriegsverlierer des 2. Weltkriegs, an China. Inwieweit, und von wem Besitzansprüche vor dieser Zeit existierten (diverse chinesische Gruppierungen melden diese an), konnte zweifelsfrei auch in diversen Nachkriegs-Konferenzen der Siegermächte nie geklärt werden. Die für uns interessante neuzeitliche Geschichte beginnt deshalb eigentlich mit Ende des chinesischen Bürgerkriegs.
Dieser dauerte mit Unterbrechungen von 1927 bis 1949, in dessen Verlauf um die politische Führung in China heftig gestritten wurde. Die Protagonisten waren hierbei Chiang Kai-shek, der die seit 1912 bestehende Republik China als Generalissimus, zeitweiliger Präsident und Premierminister anführte, und die dagegen ankämpfende Kommunistische Partei Chinas unter Mao Zedong.
Während den Kommunisten durch einen Sieg nach über zwei Jahrzehnten Krieg die Errichtung der Volksrepublik China als neues Staatssystem gelang, musste sich der Verlierer Chiang Kai-shek mit seiner Regierung und den verbliebenen Anhängern auf die früher als Formosa bekannte Insel Taiwan absetzen. Er etablierte dort die Republik China die bis 1971 noch mehrere Jahrzehnte lang den meisten Staaten als legitimer Vertreter Chinas galt.
Der damalige Bürgerkrieg hatte also nicht nur Bedeutung auf nationaler Ebene. Viele ausländische Mächte (vor allem die Sowjetunion und USA) unterstützten weiterhin die zwei unterschiedlichen chinesischen Regierungen, um ihren jeweiligen Einfluss auf China dadurch zu sichern. Die Human Invest Analysten werden deshalb denWerdegang der damals noch 2 Chinas näher betrachten.
Auch noch nach Ausrufung der Volksrepublik China 1949 durch Mao Zedong, vertrat die Regierung der Republik China (auf Taiwan) den gesamten chinesischen Staat zunächst bei den Vereinten Nationen und war ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats. Als Folge der strikten Ein-China-Politik der großen Festlands Volksrepublik brachen aber immer mehr Staaten ihre diplomatischen Beziehungen zur in Taiwan ansässigen Republik China ab. Diese verlor jedoch erst 1971 mit der UN-Resolution 2758 ihre UN-Mitgliedschaft, und musste alle Rechte an die Volksrepublik China abgeben.
Acht Jahre später (1979) brachen schließlich auch die USA die diplomatischen Kontakte ab, nachdem sie aus wirtschaftlichen Erwägungen offizielle Beziehungen zur Volksrepublik aufgenommen hatten (der sog. Taiwan Relations Act). Dies schweren Herzens, denn sie hatten lange Zeit das andere (westlich orientierte) China unterstützt. Das Engagement der USA für Taiwan hat also eine lange geschichtliche Tradition, und verhinderte von Anfang an den Zugriff durch die Volksrepublik.
Nur eine sehr kleine Minderheit der Staatengemeinschaft unterhält bis heute formal diplomatische Beziehungen mit der chinesischen Regierung in Taiwan. Die völkerrechtliche Stellung dieser sog. Republik China ist bis heute mehr als umstritten, jedoch Gegenstand des heutigen Taiwan-Konflikts.
An der damals beschlossenen offiziellen „Ein China“ Politik der USA hat sich lt. Statement von letzter Woche nichts geändert. Es gibt nur „ein China“ das von Peking repräsentiert wird. Taiwan ist als eigenständiges Land weder von den USA, Deutschland, noch von kaum einem anderen Land anerkannt. Es ist lt. UN eine chinesische Provinz, die sich aus dem geschichtlichen Kontext heraus, nicht der chinesischen Zentralregierung unterordnen will. Es handle sich dabei klar um ein innerchinesisches Problem mit einer lt. heutigem China „abtrünnigen“ Provinz.
Startete Taiwan gewissermaßen unter Chiang Kai-shek noch als Diktatur, hat es sich über viele Jahre nun zu einer gefestigten Demokratie entwickelt. Dies unterscheidet es also deutlich von der Regierungsform Chinas, was eine friedliche Zusammenführung der beiden „Staaten“ natürlich sehr schwierig, jedoch durchaus nicht unmöglich macht.
Durch die demokratischen Strukturen und die Anlehnung an die USA und den Westen entwickelte sich Taiwan deshalb auch wirtschaftlich zunächst weitaus besser als die Volksrepublik China. Erst in den letzten Jahrzehnten konnten diese Unterschiede mehr als ausgeglichen werden, so dass aus rein wirtschaftlicher Sicht einer Zusammenführung eigentlich nichts mehr im Wege steht. Taiwan ist heutzutage, wie auch China eine absolute Hightech Nation. In vielen Bereichen ist Taiwan sogar weltweit führend. Zu nenen ist hierbei vor allem seine weltbeherrschende Chip-Produktion, die natürlich viele Begehrlichkeiten, sowohl der USA wie auch von China weckt.
Äußere Einmischung
Wie bereits berichtet, standen jedoch die Volksrepublik und ganz besonders Taiwan schon immer unter dem Einfluss fremder Mächte, die ihren Einfluss auf Gesamt-China dadurch festigen wollten. Nach Wegfall der Sowietunion ist heute jedoch im Prinzip nur noch die USA übriggeblieben.
Die USA, wie auch andere westliche Staaten, sind und waren jedoch auch schon immer von der Idee beseelt, ihre Ideologie (demokratische westliche Strukturen) überall auf der Welt einzuführen. Hierbei geht es natürlich weniger um die Menschen (obwohl sogar manche einfältige Politiker dies glauben), sondern es stellt ein subtiles Mittel dar, den eigenen Einflussbereich permanent zu erweitern.
Tun sich also irgendwo auf der Welt beginnende demokratische Strukturen auf, oder haben sich wie in Taiwan bereits verfestigt, so ist der Westen stets zur Stelle um zu „helfen“. Gute Beispiele sind dabei die Unterstützung der Demokratie-Bestrebungen in Hong Kong, der Ukraine (Maidan Proteste), oder der versuchten Etablierung einer demokratischen Regierung in Myanmar.
Überall endete dies stets mit schlimmen Konflikten, wenn nicht sogar im Krieg mit Tausenden von Toten. Denken wir dabei auch an den Balkankonflikt, Syrien, Iran, Irak oder den sog. arabischen Frühling. Oder gar an Afghanistan, sowie jetzt gerade topaktuell das Dessaster in Mali, sowie die „Hilfe“ für die Ukraine.
Und weitere (auch militärische) Unterstützung und Einmischung wird wohl auch in Zukunft in anderen Ländern nicht ausbleiben. Diese neuzeitliche „demokratische“ Kolonialisierung, vor allem durch militärische Gewalt (sogenannter System-Change) funktioniert jedoch heute kaum mehr.
Vor allem auch deshalb nicht, da ein neuer machtvoller Player in Form von China die Weltbühne betreten hat. Auch auf diesen wollte der Westen mit seiner Initiative „Wandel durch Handel“ zuerst in gewohnter Weise Einfluss nehmen, doch der Schuss ging nach hinten los. Zwar erblühte der „Handel“ und machte China reich, dieses versucht jedoch nun selbst mit Hilfe seiner neuen wirtschaftliche Macht die bestehenden Handelsstrukturen, sowie die Weltordnung zu „wandeln“. Seitdem ist nichts mehr wie es war.
So erweitert gerade China seinen Einflussbereich auf nie dagewesene Weise. Jedoch mit völlig anderen Mitteln und meist ohne den Einsatz des Millitärs. So wildert es gerade im Hinterhof der USA (Süd- und Latein Amerika) indem dort ein Land nach dem anderen wirtschaftlicht infiltriert wird. Vor Jahren noch undenkbar. Das Gleiche in Afrika, wo Chinas Einfluss kaum mehr aufzuhalten ist. Doch bersonders im eurasischen Bereich (neue Seidenstrasse) , wird der Einfluss durch Chinas „Verschuldungspolitik“, die viele Länder bereits abhängig machte, immer mehr ausgeweitet.
Der Human Investor Blog berichtete über viele dieser neuen Aspekte in einer großen, vielbeachteten weltpolitischen Analyse mit dem Namen Zeitenwende, die auch besonders den Ukraine Krieg zum Thema hatte. Eingegangen wird auch auf die neuen chinesischen Wirtschaftszonen, denen sowohl Japan, Phillippinen, Indien, Iran, Pakistan, wie auch Australien angehören. Und dies unabhängig von deren politischer oder ideologischer Ausrichtung. In den westlichen Medien liest man darüber kaum etwas. Hier der Verweis auf dieses Kapitel in unserer Analyse.
So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich ein selbstbewusstes China die westliche Präsenz in dem von ihm beanspruchten Einflussbereich (Taiwan und gesamtes südchinesisches Meer) nicht mehr so einfach gefallen lässt. Dies ist ein ganz normaler Vorgang und das übliche Verhalten einer Großmacht.
Man sollte das Ganze in den Medien deshalb nicht so hoch spielen. An der offiziellen „Ein China“ Politik der USA hat sich lt. Statement von letzter Woche nämlich absolut nichts geändert. Es gibt nur „ein China“ das von Peking auch repräsentiert wird. Taiwan ist als eigenständiges Land weder von den USA, Deutschland, noch von kaum einem anderen Land anerkannt.
Es ist, wie schon geschrieben, lediglich eine kleine chinesische Provinz, die sich aus dem geschichtlichen Kontext heraus, nicht der chinesischen Zentralregierung unterordnen will. Ohne seine marktführende Chip-Industrie wäre es völlig bedeutungslos. Der Human Investor Blog wird über diesen Sachverhalt jedoch noch gesondert berichten.
Ein Gedankenspiel
Die Human Invest Analysten machen ein kleines verrücktes Gedankenexperiment:
Stellen wir uns vor, der „Freistaat“ Bayern würde sich nicht mehr der Regierung in Berlin unterstellen, und sich selbst als neue Monarchie unabhäng von der Bundesrepublik betrachten. Jedoch ohne dabei die BRD offiziell zu verlassen, oder sich gar für unabhängig zu erklären. Natürlich würde dieses Staatsgebilde dann auch von kaum einem anderen Land anerkannt werden. Ein abtrünniges Bundesland.
.Dies ist momentan in etwa der Status Taiwans. An sich nicht schlimm, und alles wäre schon seit vielen Jahren wieder im Griff, wenn nicht fremde Nationen aus ideologischen Gründen eine solche Separation unterstützen würden. Ganz so, als würden andere mächtige „Monarchien“, im obigen Gedankenspiel, dann „Bayern“ militärisch zu Hilfe eilen, oder Schutzversprechen gegen die BRD abgeben. Nun, das würde Deutschland wohl nicht sehr gefallen, und es hätte auch ganz sicher etwas gegen fremde Besucher die „Bayern“ in diesen Bestrebungen unterstützen. Man könnte dann vermuten, dass vor allem die „Kontrahenten“ Deutscfhlands dieses tun würden. Doch lassen wir diesen Unsinn.
Die heutige konkrete Lage
Wenn es nur „ein China“ gibt, so hat dieses Land und dadurch auch jede seiner Inseln zum Meer hin seine eigene 12 Meilen Zone. Die Meerenge „Taiwan Strasse“ hat eine Breite von ca. 180 km. Es ist also ohne Probleme mit einem ganzen Schiffsverband möglich diese zu durchqueren, ohne die Hohheitsgewässer Chinas zu verletzen. Ebenso bei Flugbewegungen. Und hierbei ist der Status von Taiwan erst einmal unerheblich.
Das China die ganze 180 km breite Meerenge, ja gewissermaßen das ganze südchinesische Meer als seine Gewässer ansieht, ist hierbei irrelevant. Diese Grenzen legt nicht China, sondern nach internationalem Seerecht die UNO fest. Wobei es hierbei durchaus Sonderregelungen geben kann, zum Beispiel eine Ausweitung von Fischerei-Schutzonen die weiter als die 12 Meilen reichen. Man sollte hier ausschließlich durch Verhandlungen vernünftige Kompromisse erzielen.
Natürlich ist das südchinesische Meer sehr begehrt, denn es werden in diesem Seegebiet eine Unzahl an Rohstoffen und Bodenschätzen vermutet. Ob China seinen Anspruch jedoch allein aus dem Namen ableiten kann, ist mehr als fraglich. Schließlich gehört der gesamte Indische Ozean ja auch nicht allein Indien. China versucht es deshalb seit längerem auf pfiffige Weise durch eine „Kaufmannslist“. Konkret durch die Aufschüttung von Atollen im „Niermandsland“, und so die künstliche Erschaffung von neuen „chinesischen“ Inseln. Und jedes dieser Inselchen hat dann auch nach chinesischer Logik seine eigene 12 Meilen Zone. Ob es damit wohl international durchkommen wird?
Fazit
Bereits in seiner Jahresprognose (veröffentlicht am 05.01.2022) hat der Human Investor Blog sich der Taiwan Thematik angenommen. Dort stand zu lesen:
„Eine zwangsweise militärische Eingliederung in China würde wohl die USA als deren Verbündete auf den Plan rufen. Eine solche Maßnahme ist deshalb nach Einschätzung unserer chinesischen Analysten 2022 kaum wahrscheinlich. Doch die Eingliederung wird natürlich zukünftig kommen, auch wenn man hierbei momentan noch einen Zeithorizont von 10-20 Jahren anlegen sollte. Er wird zu einem Zeitpunkt geschehen wo China wirtschaftlich und militärisch noch weitaus mächtiger geworden ist, die USA hingegen in vielen Bereichen jedoch noch weiter abgebaut haben“.
Diesem ist nichts hinzuzufügen und hat auch heute noch, nach Rückfrage bei zahlreichen politischen „Quellen“ in China, absoluten Bestand. Gegenseitiges „Säbelrasseln“ in Form von durchgeführten Übungen und Manövern beider Seiten, sowie provokativer Besuche ändert daran absolut nichts. Alles bleibt auch zukünftig, wie schon seit Jahren, beim alten. Und so beantworten wir auch die im Header dieses Artikel aufgestellte Frage:
Es gibt keine (neue) Taiwan Krise !
China und sie USA sind die größten Handelspartner der EU. Vor allem aber auch der Exportnation Deutschland und sichern damit den Wohlstand dessen Bevölkerung. Das weiterhin aufstrebende China, ist lt. den Human Invest Analysten jedoch zukünftig als der weitaus wichtigere Partner zu betrachten, als die politisch und gesellschaftlich bereits im Niedergang befindlichen USA.
Schon heute entscheidet China zu großen Teilen mit, wie es „den Deutschen“ wirtschaftlich konkret ergeht. Viele deutsche Großunternehmen erwirtschaften nämlich mit China inzwischen einen Großteil ihres Gewinns. Man sollte deshalb China und die USA unbedingt als gleichwertige Freunde betrachten und auf beide mit aller Kraft einwirken, ihre Spielchen im Indopazifik einzustellen. Vor allem jedes dumme China Bashing (wir berichteten) ist in dieser Situation absolut kontraproduktiv.
Kluge Menschen orientieren sich in den wichtigen Dingen des Lebens deshalb schon heute nicht mehr ausschließlich an der EU oder den USA. Deren Blick geht, besonders bei der Geldanlage inzwischen weit über den bisherigen Tellerrand hinaus.
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